Und wenn die Welt voll Teufel wär

Und wenn die Welt voll Teufel wärNachdem 2017 zum Reformationsgedenken Stapel von Luther-Büchern erschienen, könnte man meinen, es reiche für die nächsten Jahre. Jetzt noch eines? Ja, durchaus, wenn es so fundiert recherchiert, lebendig geschrieben und nah an der Person Luthers ist wie das von Klaus-Rüdiger Mai. Im Zentrum steht Luthers Auftritt vor dem Reichstag in Worms 1521, wo er eigentlich nur seine Lehren widerrufen soll. Man weiß, dass er das nicht getan hat. Wie es dazu kam und welche Konsequenzen das hatte, das zeichnet der Historiker Mai kenntnisreich nach. Er nimmt dabei ganz die Perspektive Luthers ein, sodass man dessen Empörung über die Ignoranz und die Zumutungen Roms nachvollzieht. Es wird deutlich, warum die Auseinandersetzungen, all die Disputationen und Briefwechsel mit den Vertretern der Kirche zu keiner Einigung führten.

Dem Autor gelingt es, die politischen Zusammenhänge so darzustellen, dass man sie versteht. Und darüber staunt, welche Wege die Geschichte nahm, welche personellen Konstellationen und welche „Zufälle“ Luther vor dem Scheiterhaufen bewahrten. Dass Luther selbst dabei immer wieder Angst und Zweifel hatte, angefochten war und unter körperlichen Beschwerden litt, ist gut dokumentiert. Klaus-Rüdiger Mai lässt einen das nachempfinden. Der Mut, den Luther in seinem festen Glauben fand, wird darum zum eindrücklichen Zeugnis.

Schwächen hat das Buch an den wenigen Stellen, wo der Autor sich über die Sakramentenlehre und das (angebliche) Amtsverständnis Luthers auslässt, wo er die „Geburtsstunde des Individiuums“ überhöht. Trotzdem: unbedingt lesenswert.

Rezension von Doris Michel-Schmidt

Klaus-Rüdiger Mai:
Und wenn die Welt voll Teufel wär – Martin Luther in Worms
Evangelische Verlagsanstalt 2020, 361 Seiten, 25,– Euro

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