Schlechtes Benehmen in der Kirche

Schlechtes Benehmen ...Lautes Schwätzen, aufs Handy starren, Kaugummi kauen – in der Kirche ist das verpönt; es ist unangemessen, und es stört. Dass schlechtes Benehmen im Gottesdienst allerdings kein Phänomen der jüngsten Zeit ist, zeigt der Theologe Guido Fuchs in seinem launig-informativen Streifzug durch die 2000-jährige Geschichte. Beispiele dafür findet er schon bei Paulus, der die Korinther wegen ihrer Mahlfeiern rügt; im späten Mittelalter wurden während des Gottesdienstes Geschäfte abgewickelt; Kinder spielten Fangen und Hunde liefen frei in der Kirche herum. Aktuelle Beispiele findet der Autor in der Literatur, in Zeitungsartikeln und in persönlichen Schilderungen, die ihm im Rahmen eines Projektes zum Thema zugeschickt wurden. Auch die diversen „Kirchen-Knigges“, die auf dem Markt sind, sowie Hinweisschilder mit entsprechenden Piktogrammen am Eingang vieler Kirchen belegen, dass das angemessene Verhalten in der Kirche nicht selbstverständlich ist. Die Bandbreite dessen, was im Gottesdienst unpassend oder ungehörig ist, reicht dabei von falschem Verhalten aus Unwissenheit bis zur störenden Tat mit strafrechtlicher Relevanz: vom Zuspätkommen über „unschickliche“ Kleidung, lautes Reden, Schlafen, Essen und Trinken, Fotografieren, Rauchen, Popeln, Betteln bis zu gezielten politischen Störaktionen.

Die Beispiele, die der Autor aufführt, sprechen für sich: Schülergottesdienste, in denen (nicht nur) Kinder und Jugendliche laut lachen, blödeln, klatschen; Weihnachtsgottesdienste mit Krippenspiel und einem Lärmpegel samt Getränken wie auf dem Weihnachtsmarkt; Taufgottesdienste, in denen das Fotografieren und Filmen das Sakrament der Taufe zur Nebensache degradieren.

Aber nicht nur die „Gottesdienstbesucher“ oder Touristen, die in die Kirche kommen, benehmen sich manchmal deplatziert – auch diejenigen, die liturgische Dienste wahrnehmen, verhalten sich nicht immer nur vorbildlich.

Was sind die Hintergründe solchen Benehmens: Unwissenheit oder religiöses Desinteresse? Auflehnung gegen kirchliche beziehungsweise gesellschaftliche Normen oder einfach nur menschliche Schwäche? Guido Fuchs ist zurückhaltend mit Erklärungen, seine Hinweise sind trotzdem deutlich und bedenkenswert. Ja, oft ist es nur Unwissenheit, die sich störend auswirkt. Vieles wird als selbstverständlich vorausgesetzt, ist es aber längst nicht mehr; das Erklären und Reflektieren der liturgischen Ausdrucksformen wären daher wichtig. Gelegenheit dazu fände man oft in den Schrifttexten der Sonntage selbst, schreibt Guido Fuchs, aber: „Möglicherweise ist die Angst, als traditionalistisch zu gelten, Grund dafür, dass dies leider nur selten geschieht. Ähnlich gibt es eine Angst davor, Menschen anzusprechen und in ihrem Verhalten zu korrigieren.“

Rezension von Doris Michel-Schmidt

Guido Fuchs:
Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der Kirche
Friedrich Pustet Verlag 2021, 184 Seiten, 19,95 Euro

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