Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind

Ihr sollt wissenAm Ende versteht man, warum die Suche nach ihren Vorfahren für Esther Safran Foer zu einer Obsession wurde. Sie ist das Kind von Holocaust-Überlebenden. Ihre Eltern wollten nicht über die Vergangenheit sprechen, aber sie wollte wissen. Sie wollte die vielen Lücken in ihrer Familiengeschichte füllen. Sie wollte das Schtetl in der heutigen Ukraine finden, wo ihr Vater gelebt hatte. Sie wollte herausfinden, wer ihn vor den Nazis versteckt hatte und ihm damit das Leben rettete. 1942 hatten die deutschen Truppen die Juden in Trochenbrod ein Massengrab ausheben lassen und sie dann erschossen.

Puzzle für Puzzle setzt Safran Foer zusammen, erfährt, dass sie eine Halbschwester hatte. Sie reist nach Südamerika, nach Israel und schließlich in die Ukraine, um Zeitzeugen zu befragen und das Bild zu vervollständigen. Wo ihr Sohn, Jonathan Safran Foer, seine Familiengeschichte in seinem erfolgreichen Roman „Alles ist erleuchtet“ noch über weite Strecken „erfinden“ musste, konnte seine Mutter die Lücken nun mit ihren Recherche-Ergebnissen füllen. Das Buch ist ein beeindruckendes Zeugnis der Erinnerung, die umso wichtiger wird, je weniger Holocaust-Überlebende noch da sind, die von der Vergangenheit erzählen können.

Rezension von Doris Michel-Schmidt

Esther Safran Foer:
Ihr sollt wissen, dass wir noch da sind
Verlag Kiepenheuer & Witsch 2020, 288 Seiten, 22,00 Euro