Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche

Cover GeilhufeWas für die Kirche im Osten Deutschlands längst Realität ist, wird auch im Westen zunehmend erkennbar: Die Gesellschaft ist weitgehend atheistisch. Die neuste Studie der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat es gerade wieder bestätigt: Der Prozess der Entkirchlichung in Deutschland schreitet nicht nur weiter voran, er beschleunigt sich sogar rasant. Dabei zeigte sich in der Studie bei den Antworten der Kirchenmitglieder ein überraschendes Ost-West-Gefälle: Ostdeutsche Evangelische fühlen sich mit 82 Prozent deutlich stärker mit ihrer Kirche verbunden als Kirchenmitglieder im Westen (65 Prozent). „Die zunehmende christliche Minderheitensituation in Ostdeutschland geht inzwischen offenbar mit einer Stärkung kirchlicher Mitgliedschaftsidentität bei den verbliebenen Kirchenmitgliedern einher“, heißt es in der Studie.

Justus Geilhufe, 1990 als Pfarrerskind in Sachsen geboren, hat die Kirche der Nachwendezeit erlebt. Heute ist er Pfarrer der Domgemeinde im sächsischen Freiberg. In seinem interessanten Essay versucht er zu ergründen, was die Kirche aus den Erfahrungen der Gemeinden im Osten lernen könnte.

Die erwartbaren Verlautbarungen der Kirche zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen stießen kaum noch auf Interesse, so Geilhufe, ja, er selbst möchte nicht hören, „wie das richtige Leben hier in dieser Welt funktionieren kann“.

Die Kirche verwende alle Kraft darauf, die Gesellschaft zu verändern und selbst „ein Angebot vom richtigen Leben“ zu machen. Am Ende bleibe aber keine Kraft mehr übrig, um die Menschen mit all ihren Widersprüchen zu lieben und ihnen eine Heimat zu geben in der Wahrheit, Güte und Schönheit des Glaubens. Das könne die Kirche neu lernen, wenn sie nach Osten schaue. „Zu den Gemeinden, von denen die Gesellschaft schon lange nichts mehr will. Zu den Kirchen, die den vollständigen Zusammenbruch längst hinter sich haben.“ Protestantismus heiße, so Geilhufe, „sich immer wieder neu darauf zu konzentrieren, dass das Richtige nur als das, was Gott getan hat, verkündet werden kann. Mehr nicht“. Die Kirche des Ostens habe über die Zeit getragen, was mit kirchlicher Tradition gemeint ist. „Das ruhige Vertrauen auf die Form, die überliefert ist, das Wissen darum, dass die Herausforderung von heute keine wesentlich neue ist, den Anspruch, auch angesichts einer veränderten Zeit das zu sagen, was schon immer wahr war.“

Ein sehr anregender Essay, der Mut macht, auf die Verheißungen Gottes zu vertrauen, auch in einer kleiner werdenden Kirche.

Justus Geilhufe
Die atheistische Gesellschaft und ihre Kirche
Claudius Verlag 2023, 133 Seiten, 20,00 Euro


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